Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Interessierte,

mit diesem Blog wollen wir als Gewerkschaft ver.di euch / Sie über aktuelle Vorgänge beim Elektrohändler Alpha Tecc in Forchheim transparent und schnell informieren und euch / Ihnen Gelegenheit geben, sich zu äußern.Wir haben uns für diese Informationsverbreitung aus unterschiedlichen Gründen entschieden: Zum einen seid ihr / sind Sie so nicht mehr auf Gerüchte angewiesen, die ja alltäglich aufkommen, zum anderen kommen über diesen Kanal Informationen aus erster Hand blitzschnell zu Euch / Ihnen nach Hause.Wir werden unser Bestes geben, so aktuell wie möglich, und so ausführlich wie nötig zu informieren. Gerne könnt ihr Euch / können Sie sich durch Kommentare einbringen. Zensur wird unsererseits bei Einträgen ausgeübt, die offensichtliich unfair sind, klar die Unwahrheit verbreiten oder ins Niveaulose abgleiten.Wir wünschen uns und euch / Ihnen viel Spaß beim Lesen und Schreiben und Kommentieren.



Euer / Ihr ver.di-Infoblog-Team



Montag, 1. Mai 2017

Bühne frei.........

Der letzte Kampf

 oder 

Die Legende von Alphatecc 

Forchheim



Fränkischer Tag 04.04.2017


Wir erinnern uns an die Ausgangssituation:

Arbeitgeber lies Anfang Dezember 2016 den bereits mit dem Betriebsrat verhandelten Sozialplan/Interessenausgleich per Widerruf platzen und setzte vom Arbeitsgericht die Einigungsstelle hierfür ein. Eine Terminfindung für die Einigungsstelle über die Sozialplanverhandlungen und den Interessenausgleich mit dem Einigungsstellen-Richter wurde für den 27. Februar 2017 anberaumt.
Hierbei war davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Verhandlungen in der Einigungsstelle - bewusst geplant - für gescheitert erklären wird, mit dem Ziel, sofort die betriebsbedingten Kündigungen an die Beschäftigten rauszuhauen und einen billigen und sozial-unverträglichen Sozialplan hin zu bekommen! Wir berichteten: Link


Die schlechten wirtschaftlichen Ergebnisse der letzten 5 Jahre sowie die Zukunftsprognose der Betriebsstätte Forchheim sprechen Bände auf dem Papier - der Betrieb ist pleite. Das der Mutterkonzern GLOBUS hier zum Link: genügend Kapital besitzt, spielt hierbei keine Rolle, denn gewertet wird lediglich der Einzel-Standort.
In den vergangenen Jahren wurde trotz der roten Zahlen fleißig investiert z.B. in neue, ständig wechselnde Führungskräfte vom teuren Headhunter aufgespürt oder in eine modernere, sehr kostspielige Videoüberwachung. Auch sinnfreie Gerichtsverhandlungen gegen den Betriebsrat und Kündigungsschutzverfahren einzelner Mitarbeiter wurden billigend in Kauf genommen oder teure Einigungsstellen angerufen. "Das zahlen die alles aus der Portokasse", so die Aussage des Marktleiters Seebach.
Fatal auch, als die Geschäftsführung die Laden-Öffnungszeiten zum März 2015 noch weiter verkürzte, statt neue unternehmerische Konzepte zu schaffen für den Erhalt der Filiale und die Sicherung der Arbeitsplätze, nein dies war auch keineswegs gewollt! Link: Petition gegen Verkürzung der Ladenöffnungszeiten

Bereits im Jahre 2014 wurden die Standorte Alphatecc Einöd und Alphatecc Zwickau geschlossen, wir berichteten

Der Betrieb ist pleite aber nicht der Mutterkonzern Globus. Das wiederum zählt nicht in der Einigungsstelle, denn die Geschäftszahlen der Einzelbetriebsstätte liefern das Ergebnis und daraus resultierend, wie hoch bzw. wie tief der Nachteilsausgleich der Beschäftigten für den Verlust des Arbeitsplatzes ausfallen wird.
Das Risiko war hoch, hier noch einen "angemessenen" Sozialplan und Interessenausgleich mit der von den meisten Kollegen so erhofften vorübergehenden Weiterbeschäftigung in einer Transfergesellschaft hinzubekommen - bei den miesen Zahlen.

Aber es kam anders und die Zielsetzung wurde im letzten Moment noch erreicht:   


Mehreren hintereinander folgenden Protestaktionen der Beschäftigten im Globus-Shoppingcenter ist es zu verdanken, dass der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die Sozialplanverhandlungen wieder aufgenommen hat, um doch noch einen „verträglichen“ Nachteilsausgleich für den Verlust der Arbeitsplätze zu verhandeln, statt den Einigungsstellentermin am 27. Februar 2017 vorzuziehen.

Eine weitere Protestaktion wurde bereits im wesentlich größeren Rahmen geplant und stand auf Abruf in der Warteschleife mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi im Saarland, wo sich auch der Hauptsitz des Globus-Konzern´s befindet.
Finanziert und gesponsert wurde diese kostspielige Protestaktion von den Beratern des Betriebsrats und der Verdi-Gewerkschaft. Aber soweit musste es nun nicht mehr kommen, was die kämpferischen KollegINNEN dennoch bedauerten, denn der Spaß und die Publicity in Völklingen wären es wert gewesen.

Die Verhandlungstage entwickelten sich zu einem knallharten und nervenzerreißenden Kampf für Betriebsrat und dessen Berater. 
Aber auch die Anwälte des Arbeitgebers hatten große Anstrengungen, die täglich bis stündlich neuen Berechnungen zu verhandeln und wichtige Entscheidungen für die Beschäftigten zu treffen. Jeder Monat, welchen der Arbeitgeber noch länger Gehalt an die Beschäftigten zahlte (die MA waren seit 22.12. bezahlt freigestellt), wurde dem Betriebsrat vom Arbeitgeber aufs Butterbrot geschmiert und sollte negative finanzielle Auswirkungen auf den Sozialplan haben. Um jeden Euro wurde erbittert gefeilscht!

Der Kampf hatte sich ausgezahlt! Der gesamte Ablauf bis zur Unterzeichnung des Sozialplans entwickelte sich zu einem turbulenten  Bühnenstück - nichts lief normal oder unkompliziert ab. 
Kurz vor dem Ziel drohte dennoch alles zu scheitern, weil die Arbeitsagentur Bamberg ein Problem mit der Höhe des Aufstockungsbetrages seitens Arbeitgebers auf 100 % Transferkurzarbeitergeld hatte!

Man einigte sich am 17. Februar 2017 auf einen Interessenausgleich und Sozialplan in welchem eine Abfindungssumme sowie ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Weiterbeschäftigung für längstens 11 Monate in der Transfergesellschaft für die Beschäftigten ausgehandelt wurde.

Bevor aber der Betriebsrat und der Arbeitgeber den Sozialplan unterzeichnen konnten, galt es noch die letzte Hürde, das Pflichtgespräch mit der Arbeitsagentur Bamberg, zur Genehmigung der Transfergesellschaft und dem damit verbunden Transferkurzarbeitergeld wahr zu nehmen. 
Dieser Termin fand am 21.02.17 zusammen mit der Arbeitsagentur Bamberg, dem Arbeitgeber und Betriebsrat statt. Die Zeit war knapp, denn bis zum 28.02. 17 sollten die Beschäftigten die Wahlmöglichkeit erhalten, ab 01.03. in die Transfergesellschaft Personaltransfer West GmbH zu wechseln.

Der Sozialplan drohte zu scheitern, weil die Arbeitsagentur die Höhe des Transferkurzarbeitergeldes mit einer Aufstockung auf 100 % seitens Arbeitgeber für die Zeit der laufenden Kündigungsfristen nicht bewilligte. Begründung: der Arbeitnehmer hätte dadurch keinen Anreiz sich zu bewerben, wenn er in seiner gesetzlichen Kündigungsfrist 100 % seines alten Gehalts weiterhin beziehen würde. Das wäre vermittlungshemmend. Angemessen wären höchstens nur 80 % Transferkurzarbeitergeld, so die Aussage des Mitarbeiters der Arbeitsagentur.

Der Schock über diese willkürliche Entscheidung des Amtes saß tief, denn damit hatten weder Betriebsrat noch der Arbeitgeber gerechnet, zumal dies bisher in anderen Bundesländern nicht als vermittlungshemmend galt und ohne Probleme von den Arbeitsagenturen bewilligt wurde, aber in Bayern herrschen wohl eigene Gesetze. Das Amt blieb beharrlich bei seiner Meinung und die Zeit drängte!

Aber auch hierfür fand man unter Hochdruck zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber am späten Abend noch eine neue Lösung, ohne Benachteiligung für die Beschäftigten. 
Mit dieser Lösung erklärte sich nun auch die Arbeitsagentur Bamberg einverstanden und am darauffolgenden Tag, am Mittwoch, den 22.02.17 konnte endlich der Interessenausgleich und Sozialplan von beiden Parteien abgeschlossen und unterzeichnet werden.

Folgende Ergebnisse wurden erkämpft:

Die Mitarbeiter erhalten eine Abfindung und die Wahlmöglichkeit zum 01. März 2017 in die Transfergesellschaft zu wechseln.

Die Laufzeit in der Transfergesellschaft richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit und beinhaltet folgende Dauer: 
die doppelte Zeit der Kündigungsfristen minus 1 Monat, jedoch mindestens 5 Monate und längstens 11 Monate. 
Die meisten Beschäftigten haben eine Betriebszugehörigkeit von 16 Jahren (Kündigungsfrist von 6 Monaten) und sind somit 11 Monate in der Transfergesellschaft beschäftigt bis zum Januar 2018. 
Der Mitarbeiter mit der geringsten Kündigungsfrist von 1 Monat ist somit ab dem 01.03. 2017 noch weitere 5 Monate in der Transfergesellschaft weiterbeschäftigt.

Seit dem 21. Dezember 2016 waren die Mitarbeiter bezahlt freigestellt und wurden auch für die Monate Januar und Februar 2017 fortlaufend zum regulären Gehalt weiterbezahlt.

In der Zeit der Transfergesellschaft hat jeder MA die Möglichkeit sich „individuell“ für sein berufliches Fortkommen zu qualifizieren in Qualifizierungskursen bei den regionalen Schulungsunternehmen, die sich der MA selbst aussuchen kann. Des Weiteren wurde vereinbart, dass der MA für jeden Monat des früheren Ausscheidens aus der Transfergesellschaft wegen neuer Arbeitsaufnahme eine Sprinterprämie obendrauf ausgezahlt bekommt aber auch weiterhin sein Rückkehrrecht (Ruhensvereinbarung) in die Transfergesellschaft bestehen bleibt, sollte es mit dem neuen Job, nicht wie erwartet, klappen.


Vorteile für den Übertritt in die Transfergesellschaft sind u.a.:

  1. man ist weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis "befristet" angestellt statt arbeitslos zu sein und sich mit diesem Status "arbeitslos" bewerben zu müssen
  2. die Zeit bis man ALG I erhält, verlängert sich nach hinten
  3. man qualifiziert sich für sein neues Berufsleben und bekommt Hilfe und Unterstützung von der TG gestellt
  4. man wird nicht in Leiharbeitsverhältnisse (prekäre Arbeitsverhältnisse) gezwungen und muss keine schlechter bezahlten Jobs annehmen

Voraussetzung: es gilt hierbei eine gute Transfergesellschaft zu finden mit einem guten Leumund! Es gibt auch schwarze Schafe.

Anmerkung:
Wenigstens ein paar der Beschäftigten im Globus-Unternehmen SBW oder Baumarkt unterzubringen und hier weiter zu beschäftigen blieb erfolglos. Von Seiten der Geschäftsstellenleiterin des Globus SBW hieß es u.a.:  „Man sehe hier keine Möglichkeit, man müsse vorrangig erst einmal die eigenen Beschäftigten unterbringen. Es gäbe viele Teilzeitbeschäftigte, die lieber in Vollzeit arbeiten würden.“

Auch im Baumarkt gäbe es befristete Arbeitsverhältnisse, die man lieber "entfristen" würde.

Wir waren erstaunt über die vielen prekären Arbeitsverhältnisse innerhalb des Globus-Konzerns, das hatte es früher so nicht gegeben! Und dabei war man doch immer so stolz auf die besonders hohe soziale Fürsorglichkeit und Unternehmenskultur gegenüber seinen Mitarbeitern im Globus-Konzern! Der Konzern stellt sich jedenfalls nach außen so dar. Hier zum Link
Umso mehr verwundert es uns nicht, dass bedauerlicherweise von den Globus-Kollegen keine "öffentliche" Solidarität in unserem Kampf zu erwarten war obwohl wir doch alle Kollegen sind!

Anmerkung: Und ausgerechnet jetzt flattern die Stellenvorschläge der Arbeitsagentur vom Globus SBW bei den KollegINNEN ein!
Dabei konnte man doch die KollegINNEN gar nicht im Globus weiter beschäftigen, weil es keine freien Stellen gab?
Oder war die Übernahme der Altverträge mit langen Betriebszugehörigkeiten und der Gehälter hinderlich - nicht billig genug?



Wir raten jedem Betriebsrat, den Kollegen und Betroffenen sich zu wehren und zu kämpfen! Sich hierbei gut zu vernetzen und zu solidarisieren mit Gewerkschaft, Betriebsräten, Gleichgesinnten, Betroffenen, Menschen des öffentlichen Lebens, Politik und öffentlichen Medien, denn nur gemeinsam ist man stark!

Es werden weitere Schließungen folgen! Solidarisiert Euch! Mucken statt ducken, sonst geht ihr leer aus!



Wir danken allen solidarischen Helfern und Mitstreitern:

  • der Anwaltskanzlei Vieker & Chatziparaskewas aus Minden, langjährige Begleiter und Berater zum Link
  • dem grandiosen einfallsreichen Berater für Betriebsräte Dr. Frank Havighorst aus Lünen zum Link
  • der katholischen Betriebsseelsorge Bamberg: Herrn Dr. Manfred Böhm und Kollegen,
  • dem Oberbürgermeister der Stadt Forchheim Herrn Uwe Kirschstein,
  • den Betriebs- und Personalräten des DGB Kreisverbandes Forchheim und der Gewerkschaft Verdi


Der Vorhang fällt, die Vorstellung - die Legende von Alphatecc Forchheim 2001- 2016 - neigt sich dem Ende. Mit erhobenem Haupt verlassen die Alphatecc-Beschäftigten die Bühne und bedanken sich bei ihrem aufmerksamen Publikum!


Ganz ausgestanden ist es noch nicht, denn der Preis für den Einsatz und den harten Kampf des Betriebsrats ist ein vom  Arbeitgeber besonders schlecht ausgestelltes Arbeitszeugnis mit dem Hintergrund, das BR-Mitglied nachhaltig chancenlos auf dem Arbeitsmarkt zu machen. Aber so kennt man diesen Arbeitgeber seit Jahren und auch damit wird man wieder gemeinsam fertig.

Sollte die Betriebsratsvorsitzende wegen des legendären vermittlungshemmenden Arbeitszeugnisses ins Arbeitslosengeld oder in Hartz IV rutschen, wird sie den Geschäftsführer Huwer öffentlich auf Unterhalt verklagen.
"Er soll dann für ihren Lebensunterhalt aufkommen müssen, wenn das sein Ziel ist!"

Es wäre doch skandalös und keineswegs vertretbar, wenn der kleine Steuerzahler wegen der Befindlichkeiten eines Konzern-Geschäftsführers und dessen bedauerlicher Rachsucht aufkommen muss, währenddessen sich dieser weiterhin wie die Made im Speck wälzen darf und seine Gewinne aus den Gehältern der Beschäftigten schöpft.