Wir
erinnern uns an die Ausgangssituation:
Arbeitgeber
lies Anfang Dezember 2016 den bereits mit dem Betriebsrat verhandelten
Sozialplan/Interessenausgleich per Widerruf platzen und setzte vom
Arbeitsgericht die Einigungsstelle hierfür ein. Eine Terminfindung für die Einigungsstelle über die Sozialplanverhandlungen und den Interessenausgleich mit dem Einigungsstellen-Richter wurde für den 27. Februar 2017 anberaumt.
Hierbei war davon
auszugehen, dass der Arbeitgeber die
Verhandlungen in der Einigungsstelle - bewusst geplant - für gescheitert erklären wird, mit dem Ziel,
sofort die betriebsbedingten Kündigungen an die Beschäftigten rauszuhauen und
einen billigen und sozial-unverträglichen Sozialplan hin zu bekommen! Wir berichteten: Link
Die
schlechten wirtschaftlichen Ergebnisse der letzten 5 Jahre sowie die Zukunftsprognose der Betriebsstätte Forchheim sprechen Bände auf dem Papier - der Betrieb ist pleite. Das der Mutterkonzern GLOBUS hier zum Link: genügend Kapital besitzt, spielt hierbei keine Rolle, denn gewertet wird lediglich der Einzel-Standort.
In den vergangenen Jahren
wurde trotz der roten Zahlen fleißig investiert z.B. in neue, ständig wechselnde
Führungskräfte vom teuren Headhunter aufgespürt oder in eine modernere, sehr kostspielige Videoüberwachung. Auch sinnfreie Gerichtsverhandlungen gegen den Betriebsrat und Kündigungsschutzverfahren einzelner Mitarbeiter wurden billigend in Kauf genommen oder teure Einigungsstellen angerufen. "Das zahlen die alles aus der Portokasse", so die Aussage des Marktleiters Seebach.
Fatal auch, als die Geschäftsführung die
Laden-Öffnungszeiten zum März 2015 noch weiter verkürzte, statt neue unternehmerische
Konzepte zu schaffen für den Erhalt der Filiale und die Sicherung der
Arbeitsplätze, nein dies war auch keineswegs gewollt! Link: Petition gegen Verkürzung der Ladenöffnungszeiten
Bereits im Jahre 2014 wurden die Standorte Alphatecc Einöd und Alphatecc Zwickau geschlossen, wir berichteten
Der Betrieb ist pleite aber nicht der Mutterkonzern Globus. Das wiederum zählt nicht in der Einigungsstelle, denn die Geschäftszahlen der Einzelbetriebsstätte
liefern das Ergebnis und daraus resultierend, wie hoch bzw. wie tief der Nachteilsausgleich
der Beschäftigten für den Verlust des Arbeitsplatzes ausfallen wird.
Das Risiko
war hoch, hier noch einen "angemessenen" Sozialplan und Interessenausgleich
mit der von den meisten Kollegen so erhofften vorübergehenden Weiterbeschäftigung in einer Transfergesellschaft
hinzubekommen - bei den miesen Zahlen.
Aber es kam
anders und die Zielsetzung wurde im letzten Moment noch erreicht:
Mehreren
hintereinander folgenden Protestaktionen der Beschäftigten im Globus-Shoppingcenter ist es zu verdanken,
dass der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die Sozialplanverhandlungen wieder
aufgenommen hat, um doch noch einen „verträglichen“ Nachteilsausgleich für den
Verlust der Arbeitsplätze zu verhandeln, statt den Einigungsstellentermin am 27. Februar 2017 vorzuziehen.
Eine weitere Protestaktion wurde bereits im wesentlich größeren Rahmen geplant und stand auf Abruf in
der Warteschleife mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi im Saarland, wo
sich auch der Hauptsitz des Globus-Konzern´s befindet.
Finanziert und gesponsert wurde
diese kostspielige Protestaktion von den Beratern des Betriebsrats und der Verdi-Gewerkschaft. Aber soweit musste es nun
nicht mehr kommen, was die kämpferischen KollegINNEN dennoch bedauerten, denn der Spaß und die Publicity in Völklingen wären es wert gewesen.
Die
Verhandlungstage entwickelten sich zu einem knallharten und nervenzerreißenden Kampf
für Betriebsrat und dessen Berater.
Aber auch die Anwälte des Arbeitgebers
hatten große Anstrengungen, die täglich bis stündlich neuen Berechnungen zu
verhandeln und wichtige Entscheidungen für die Beschäftigten zu treffen. Jeder Monat, welchen der Arbeitgeber noch länger Gehalt an die Beschäftigten zahlte (die MA waren seit 22.12. bezahlt freigestellt), wurde dem Betriebsrat vom Arbeitgeber aufs Butterbrot
geschmiert und sollte negative finanzielle Auswirkungen auf den Sozialplan haben. Um jeden Euro wurde erbittert gefeilscht!
Der Kampf hatte
sich ausgezahlt! Der gesamte Ablauf bis zur Unterzeichnung des Sozialplans entwickelte sich zu einem turbulenten Bühnenstück - nichts lief normal oder unkompliziert ab.
Kurz vor dem Ziel drohte dennoch alles zu
scheitern, weil die Arbeitsagentur Bamberg ein Problem mit der Höhe des
Aufstockungsbetrages seitens Arbeitgebers auf 100 % Transferkurzarbeitergeld
hatte!
Man einigte sich
am 17. Februar 2017 auf einen Interessenausgleich und Sozialplan in welchem eine
Abfindungssumme sowie ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer
Weiterbeschäftigung für längstens 11 Monate in der Transfergesellschaft für die
Beschäftigten ausgehandelt wurde.
Bevor aber der Betriebsrat und der Arbeitgeber den Sozialplan unterzeichnen konnten, galt es noch die letzte Hürde, das
Pflichtgespräch mit der Arbeitsagentur Bamberg, zur Genehmigung der
Transfergesellschaft und dem damit verbunden Transferkurzarbeitergeld wahr zu
nehmen.
Dieser Termin fand am 21.02.17 zusammen mit der Arbeitsagentur Bamberg, dem Arbeitgeber
und Betriebsrat statt. Die Zeit war knapp, denn bis zum 28.02. 17 sollten die
Beschäftigten die Wahlmöglichkeit erhalten, ab 01.03. in die
Transfergesellschaft Personaltransfer West GmbH zu wechseln.
Der Sozialplan
drohte zu scheitern, weil die Arbeitsagentur die Höhe des
Transferkurzarbeitergeldes mit einer Aufstockung auf 100 % seitens
Arbeitgeber für die Zeit der laufenden Kündigungsfristen nicht bewilligte.
Begründung: der Arbeitnehmer hätte dadurch keinen Anreiz sich zu bewerben, wenn er
in seiner gesetzlichen Kündigungsfrist 100 % seines alten Gehalts weiterhin
beziehen würde. Das wäre vermittlungshemmend. Angemessen wären höchstens nur 80 % Transferkurzarbeitergeld, so die Aussage des Mitarbeiters der Arbeitsagentur.
Der Schock über
diese willkürliche Entscheidung des Amtes saß tief, denn damit hatten weder
Betriebsrat noch der Arbeitgeber gerechnet, zumal dies bisher in anderen
Bundesländern nicht als vermittlungshemmend galt und ohne Probleme von den
Arbeitsagenturen bewilligt wurde, aber in Bayern herrschen wohl eigene
Gesetze. Das Amt blieb beharrlich bei seiner Meinung und die Zeit drängte!
Aber auch
hierfür fand man unter Hochdruck zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber am späten
Abend noch eine neue Lösung, ohne Benachteiligung für die Beschäftigten.
Mit dieser Lösung erklärte sich nun auch die Arbeitsagentur Bamberg einverstanden und am darauffolgenden Tag, am Mittwoch, den 22.02.17 konnte endlich der
Interessenausgleich und Sozialplan von
beiden Parteien abgeschlossen und unterzeichnet werden.
Folgende Ergebnisse wurden erkämpft:
Die Mitarbeiter erhalten eine Abfindung und die Wahlmöglichkeit zum 01. März 2017 in
die Transfergesellschaft zu wechseln.
Die Laufzeit in der Transfergesellschaft richtet sich nach der Betriebszugehörigkeit und beinhaltet folgende Dauer:
die doppelte
Zeit der Kündigungsfristen minus 1 Monat, jedoch mindestens 5 Monate und längstens 11 Monate.
Die meisten Beschäftigten haben eine Betriebszugehörigkeit
von 16 Jahren (Kündigungsfrist von 6 Monaten) und sind somit 11 Monate in der
Transfergesellschaft beschäftigt bis zum Januar 2018.
Der Mitarbeiter mit der geringsten Kündigungsfrist von 1
Monat ist somit ab dem 01.03. 2017 noch weitere 5 Monate in der Transfergesellschaft
weiterbeschäftigt.
Seit dem 21. Dezember 2016 waren die Mitarbeiter bezahlt freigestellt und wurden auch für die Monate Januar und Februar 2017 fortlaufend zum regulären Gehalt weiterbezahlt.
In der Zeit der
Transfergesellschaft hat jeder MA die Möglichkeit sich „individuell“ für sein
berufliches Fortkommen zu qualifizieren in Qualifizierungskursen bei den
regionalen Schulungsunternehmen, die sich der MA selbst aussuchen kann. Des
Weiteren wurde vereinbart, dass der MA für jeden Monat des früheren
Ausscheidens aus der Transfergesellschaft wegen neuer Arbeitsaufnahme eine
Sprinterprämie obendrauf ausgezahlt bekommt aber auch weiterhin sein Rückkehrrecht
(Ruhensvereinbarung) in die Transfergesellschaft bestehen bleibt, sollte es mit dem neuen Job, nicht wie erwartet, klappen.
Vorteile für den
Übertritt in die Transfergesellschaft sind u.a.:
- man ist weiterhin in einem
Beschäftigungsverhältnis "befristet" angestellt statt arbeitslos zu sein und
sich mit diesem Status "arbeitslos" bewerben zu müssen
- die Zeit bis man ALG I erhält, verlängert
sich nach hinten
- man qualifiziert sich für sein neues
Berufsleben und bekommt Hilfe und Unterstützung von der TG gestellt
- man wird nicht in Leiharbeitsverhältnisse
(prekäre Arbeitsverhältnisse) gezwungen und muss keine schlechter
bezahlten Jobs annehmen
Voraussetzung: es gilt hierbei eine gute Transfergesellschaft zu finden
mit einem guten Leumund! Es gibt auch schwarze Schafe.
Wenigstens ein paar der Beschäftigten im Globus-Unternehmen
SBW oder Baumarkt unterzubringen und hier weiter zu beschäftigen blieb erfolglos.
Von Seiten der Geschäftsstellenleiterin des Globus SBW hieß es u.a.: „Man sehe hier keine Möglichkeit, man müsse
vorrangig erst einmal die eigenen Beschäftigten unterbringen. Es gäbe viele
Teilzeitbeschäftigte, die lieber in Vollzeit arbeiten würden.“
Auch im Baumarkt gäbe es befristete Arbeitsverhältnisse, die man lieber "entfristen" würde.
Wir waren
erstaunt über die vielen prekären Arbeitsverhältnisse innerhalb des
Globus-Konzerns, das hatte es früher so nicht gegeben! Und dabei war man doch
immer so stolz auf die besonders hohe soziale Fürsorglichkeit und
Unternehmenskultur gegenüber seinen Mitarbeitern im Globus-Konzern! Der Konzern stellt sich jedenfalls nach außen so dar. Hier zum Link
Umso mehr
verwundert es uns nicht, dass bedauerlicherweise von den Globus-Kollegen keine "öffentliche" Solidarität in unserem Kampf zu erwarten war obwohl wir doch alle Kollegen
sind!
Anmerkung: Und ausgerechnet jetzt flattern die Stellenvorschläge der Arbeitsagentur vom Globus SBW bei den KollegINNEN ein!
Dabei konnte man doch die KollegINNEN gar nicht im Globus weiter beschäftigen, weil es keine freien Stellen gab?
Oder war die Übernahme der Altverträge mit langen Betriebszugehörigkeiten und der Gehälter hinderlich - nicht billig genug?
Wir raten jedem Betriebsrat, den Kollegen und Betroffenen sich zu wehren und zu kämpfen! Sich
hierbei gut zu vernetzen und zu solidarisieren mit Gewerkschaft, Betriebsräten,
Gleichgesinnten, Betroffenen, Menschen des öffentlichen Lebens, Politik und
öffentlichen Medien, denn nur gemeinsam ist man stark!
Es werden weitere Schließungen folgen! Solidarisiert Euch! Mucken statt ducken, sonst geht ihr leer aus!
Wir danken allen solidarischen Helfern und Mitstreitern:
- der
Anwaltskanzlei Vieker & Chatziparaskewas aus Minden, langjährige Begleiter und Berater zum Link
- dem grandiosen einfallsreichen Berater für Betriebsräte Dr. Frank Havighorst aus Lünen zum Link
- der katholischen
Betriebsseelsorge Bamberg: Herrn Dr. Manfred Böhm und Kollegen,
- dem
Oberbürgermeister der Stadt Forchheim Herrn Uwe Kirschstein,
- den Betriebs-
und Personalräten des DGB Kreisverbandes Forchheim und der Gewerkschaft Verdi
Der Vorhang
fällt, die Vorstellung - die Legende von Alphatecc Forchheim 2001- 2016 - neigt sich dem Ende. Mit erhobenem Haupt verlassen
die Alphatecc-Beschäftigten die Bühne und bedanken sich bei ihrem aufmerksamen Publikum!
Ganz
ausgestanden ist es noch nicht, denn der Preis für den Einsatz und den harten
Kampf des Betriebsrats ist ein vom
Arbeitgeber besonders schlecht ausgestelltes Arbeitszeugnis mit dem
Hintergrund, das BR-Mitglied nachhaltig chancenlos auf dem Arbeitsmarkt zu
machen. Aber so kennt man diesen Arbeitgeber seit Jahren und auch damit wird man wieder gemeinsam fertig.
Sollte die Betriebsratsvorsitzende wegen des legendären vermittlungshemmenden Arbeitszeugnisses ins Arbeitslosengeld oder in Hartz IV rutschen, wird sie den Geschäftsführer Huwer öffentlich auf Unterhalt verklagen.
"Er soll dann für ihren Lebensunterhalt
aufkommen müssen, wenn das sein Ziel ist!"
Es wäre doch skandalös und keineswegs vertretbar, wenn der kleine Steuerzahler wegen der Befindlichkeiten eines Konzern-Geschäftsführers und dessen bedauerlicher Rachsucht aufkommen muss, währenddessen
sich dieser weiterhin wie die Made im Speck wälzen darf und seine Gewinne
aus den Gehältern der Beschäftigten schöpft.